Eine Schlüsselrolle beim grössten Sportevent der Schweiz
In dreieinhalb Jahren findet in Mollis, an der Grenze zum Linthgebiet, das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (ESAF) statt. Der grösste Sportanlass der Schweiz wirft seine Schatten bereits voraus. Nun ist klar, wer die Verantwortung für den Festbereich tragen wird: Fabian Villiger. Der Eventunternehmer und Präsident des Seenachtfests und der Expo Rapperswil-Jona erklärt im exklusiven Interview, wie es dazu kam, welche Dimensionen ihn beim Esaf erwarten und was die Region und die hiesigen Unternehmen vom Grossanlass mit nationaler Ausstrahlung haben.
Fabian Villiger, Haben Sie einen Lieblingsschwung?
Fabian Villiger: (lacht) Ich muss sagen, bis vor ein paar Wochen hatte ich sehr wenig bis nichts zu tun mit Schwingen.
Das heisst, Sie waren noch nie an einem Schwingfest?
Ich war mal an einem Rickenschwinget. Aber nicht wegen des Schwingens, sondern wegen des Fests.
Nun sind Sie zum Bereichsleiter Fest beim Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest (ESAF) 2025 in Mollis bestimmt worden. Wie ist es dazu gekommen?
Köbi Kamm, der Präsident des Organisationskomitees kam auf mich zu. Wir haben Kaffee miteinander getrunken. Und er hat mir sehr viel vom Eidgenössischen erzählt. Danach stellte ich mich mit Christoph Kamber, meinem Geschäftspartner in der gemeinsamen Eventagentur, dem Projektleiter des ESAF 2025, Patrick Sommer, vor. Wir hatten ein sehr gutes Gespräch und wurden uns einig. Ich hatte mich in der Zwischenzeit selber schlaugemacht zum Eidgenössischen, vor allem bei Kollegen aus der Fasnachtszunft, die einen engen Bezug zum Schwingen haben.
Für was sind Sie als Festchef genau zuständig?
Für den ganzen Bereich Gastronomie, also den Betrieb der Festzelte, aller Foodstände und der mobilen Verpflegungsstationen, auch für die Non-Foodstände, dazu die gesamte Unterhaltung, alle offiziellen Akte sowie Empfang und Betreuung der Gäste und VIP. Es ist eines der umfangreichsten Ressorts.
Was reizt Sie als bisheriger Nicht-Schwing-Fan an der Aufgabe?
Das ESAF ist der grösste Sportanlass und eines der grössten Volksfeste der Schweiz. Beim Fest 2019 in Zug kamen 420 000 Besucher in drei Tagen auf das Festgelände. Am Seenachtfest in Rapperswil, das einer der grössten Anlässe der Region ist, kommen an einem Wochenende rund 80 000. Es ist also Seenachtfest mal fünf. Ich sehe es als einmalige Chance, in dieser Position bei diesem Generationenprojekt für die ganze Region mitzuwirken.
Gab es Konkurrenz für Ihre Position im Organisationskomitee?
Es gab verschiedene Personen, die sich für den Posten interessiert haben. Es hat uns also gefreut, dass man sich für uns entschieden hat. Es muss auch menschlich stimmen.
Dass Sie bisher keinen Bezug zum Schwingen hatten, spielte keine Rolle?
Ich lebe mich immer mehr hinein. Nicht dass ich noch anfange, zu schwingen (schmunzelt). Aber mir gefallen die Schwingerwerte. Ein Handschlag gilt, man ist füreinander da. Dieser Spirit und die Gemeinschaft sind schon recht gut spürbar. Wir hatten diese Woche eine erste Sitzung mit dem Kern-OK. Es ging vor allem ums Kennenlernen. Es hat mich gefreut, dass alle auf einer Längenwelle sind.
Flössen Ihnen die Dimensionen des ESAF auch Respekt ein?
Ich gehe mit einer grossen Portion Respekt an die Aufgabe. Die Vorgänger haben das immer sehr gut gemacht. Wir wollen es auch sehr gut machen.
Können Sie vom Know-how früherer Feste profitieren?
Das ist für mich ein wichtiger Punkt. Das ESAF ist so ein Riesending, wenn du auf der grünen Wiese anfangen musst, schaffst du das nicht. Carlo Bommes, der den Festbereich bei den drei letzten Eidgenössischen in Burgdorf, Estavayer und Zug leitete, hat sich bereit erklärt, als Projektbegleiter mitzumachen. Das ist ein Megaplus. Wir haben so Zugriff auf die Konzepte von Zug, das als eines der Bestorganisierten ESAF aller Zeiten gilt. Bommes, der auch das Gurtenfestival jahrelang organisierte, hat enormes Know-how. Er weiss, wie viele und welche Festzelte es braucht und wo die heiklen Stellen sind. Wir sind bereits zu einem Treffen nach Bern gefahren. Es ist sehr spannend, mit ihm zu reden. Ich muss und werde deshalb die Welt nicht neu erfinden.
Das ESAF 2025 heisst «Glarnerland+». Inwiefern wird unsere Region vom Anlass profitieren?
Das Glarnerland ist sehr schlagkräftig. Im OK sitzt wirklich eine geballte Ladung an Kompetenz. Personen, die das zu einem grossen Teil ehrenamtlich machen. Aber das Glarnerland braucht die umliegenden Regionen, um das ESAF stemmen zu können. Das fängt bei den Übernachtungsmöglichkeiten an und hört bei den Tausenden Helferinnen und Helfern auf, die für das ESAF nötig sind. Man muss sich vor Augen führen: Wenn alle rund 40 000 Einwohner des Glarnerlands in die ESAF-Arena sitzen würden, hätte es immer noch über 15 000 Plätze frei. Wir sind Gastgeber für die ganze Schweiz und wollen die Region ins beste Licht rücken.
Schaut für das Linthgebiet auch etwas dabei heraus?
Wenn 400 000 Menschen an einem Wochenende in die Region kommen, können die Hotellerie und die Gastronomie profitieren. Aber auch der Tourismus insgesamt. Und wir werden schauen, dass auch Lieferanten profitieren.
Die Migros ist Königspartnerin des ESAF 2025, wie bei den Eidgenössischen zuvor. Wie stark sind Sie an den orangen Riesen als Lieferanten gebunden?
Mit der Migros gibt es Abhängigkeiten. Ich verhandle nicht direkt mit dem Unternehmen, sondern bekomme Vorgaben aus dem Ressort Sponsoring. Genaues kann ich noch nicht sagen. Klar ist: Für das ESAF sind die Sponsoringgelder wichtig. Andererseits möchten wir möglichst viel aus der Region beziehen, auch über die Migros. Wir müssen den richtigen Mix finden.
Können bei den nötigen Mengen für das Eidgenössische überhaupt der Metzger aus dem Dorf und die regionale Brauerei berücksichtigt werden?
Es gibt wenige, die in der nötigen Dimension liefern können. Das fängt bei den Festzelten an, da gibt es vielleicht zwei oder drei in der Schweiz. Auch beim Bier wird es einen grossen Partner geben. Beim ESAF in Zug wurden über 260 000 Liter Bier ausgeschenkt. An einem Wochenende! Das sind enorme Mengen. Die Idee ist aber, dass wir ein Glarnerzelt aufstellen mit regionalen Spezialitäten, sei das Schabziger oder Adler Bräu. Das Glarnerland ist der Gastgeber, das soll man spüren. Oder bei der Helferverpflegung gibt es auch Spielraum.
Das heisst, es gibt Nischen für regionale Lieferanten?
Ja, wobei auch die Nischen beim ESAF gross sind. Wir brauchen zum Beispiel für die Helfer rund 4500 Lunchpakete und 28 000 Zwischenverpflegungen. Kann das ein regionaler Bäcker liefern? Wir versuchen sicher, möglichst viel Regionalität reinzubringen. Es gibt allerdings ein ungeschriebenes Gesetz beim ESAF: Wer liefern will, muss auch etwas sponsern.
Von Traditionalisten wird der Gigantismus beim ESAF kritisiert. Immer grösser, immer mehr Chilbi. Ist das einfach der Lauf der Zeit?
Ich glaube, was wichtig ist: Der Schwingsport und die Schwinger müssen immer im Zentrum stehen. Es gibt auch rund um den Sport viele Traditionen, die man weiter pflegt. Das fängt mit den Trachtenfrauen an und hört damit auf, dass es in der Arena keine Werbung gibt. Bei vielem ist die Begründung: Ist so, weil ist so. Die zentralen Schwingerwerte werden aufrecht erhalten. Ausserhalb der Arena müssen wir aber dafür sorgen, dass wir das nötige Geld verdienen.
Ist es gar nicht möglich, das ESAF eine Nummer kleiner zu machen?
Wenn ich sehe und höre, wie hoch die Nachfrage nach Tickets ist, müsste man das Stadion weiter aufstocken. Auch viele meiner Kollegen haben mich schon gefragt, ob ich dann Tickets haben werde. Wegen der enormen Nachfrage schaffen wir zusätzliche Möglichkeiten, nah dabei zu sein. Wir werden mit grosser Wahrscheinlichkeit ein Public Viewing neben der Arena machen.
Viele Tickets gehen ja jeweils auch an Sponsoren, oder?
Ja, aber jedes einzelne Ticket wird verkauft. Es gibt einfach ein Vorkaufsrecht für gewisse Sponsoren.
In Zug betrug das Budget rund 38 Millionen Franken. Rechnet man beim ESAF 2025 in den gleichen Dimensionen und wie viel davon verantworten Sie?
Die Budgetierung ist erst im Gange. Unser Vorbild in der Planung ist grundsätzlich Zug. Pratteln (wo das ESAF diesen August stattfindet) kämpft aktuell mit der Teuerung. Wir müssen trotz der riesigen Dimensionen sparsam sein. Der OK-Präsident betont bei jeder Sitzung: Jeder Franken, den wir nicht ausgegeben, ist einer, den wir verdient haben.
Muss das ESAF Gewinn abwerfen?
Das Ziel ist es, einen Gewinn zu erwirtschaften. In Zug gab es einen Überschuss von 1,8 Millionen. Es herrschten aber auch top Wetterbedingungen. Im Minimum soll es kein Verlust sein. Die Gastronomie, also unser Bereich, ist matchentscheidend für den finanziellen Erfolg.
Wie interessant ist der Auftrag für Ihre Agentur aus wirtschaftlicher Sicht?
Wirtschaftlich betrachtet ist die Aufgabe für uns nicht sehr interessant. Im Vordergrund stehen die Freude und der Stolz, bei diesem einmaligen Anlass mitwirken zu können. Wir erhalten zwar eine Mandatsentschädigung aber wir werden viele Stunden investieren, die wir nicht verrechnen können und die uns für andere Projekte fehlen werden, die deutlich mehr Geld einbringen würden. Das ESAF lebt in vielen Bereichen von Ehrenamtlichkeit. Natürlich ist die Aufgabe auch mit Prestige verbunden, wenn man in der Eventbranche tätig ist. Noch grösser wäre in der Schweiz wohl nur die Organisation einer Landesausstellung.
Können Sie schon erste Eckpunkte zum Festprogramm und vorgesehen Acts verraten?
Nein, das ist noch alles offen. Klar ist, dass es zwei Zielgruppen gibt: Die Schwingerfreunde, die um halb sechs Uhr kommen für Kafi-Schnaps und Gipfeli und primär am Sport interessiert sind. Und jene, die nur fürs Fest am Abend kommen. Denen musst du auch etwas bieten. Es wird ein Mix sein aus volkstümlicher Unterhaltung und Bands aus dem Pop-Bereich, die Stimmung machen. Welche Bands in drei Jahren angesagt sein werden, weiss ich nicht. Und ich betone: Wir organisieren kein Open Air, sondern ein Rahmenprogramm zum Schwingfest.
Stichwort Nachhaltigkeit, respektive Ökologie: Ist das beim ESAF 2025 ein Thema?
Es gibt eine Stabstelle, die sich nur um Nachhaltigkeit kümmert. Ein Stichwort ist Depot auf Flaschen und Becher. Zug hat da ein sehr gutes System entwickelt. Das werden wir mit grosser Wahrscheinlichkeit wieder machen.
Das ESAF ist wohl der einzige Grossanlass der Schweiz, wo Bier in Glasflaschen herausgegeben wird. Bleibt das so?
Ja, das bleibt so. Es ist auch die einzige Lösung. Wir brauchen am ESAF so viel Bier, dass die Durchlaufkühler beim Zapfhahnsystem gar nicht richtig funktionieren würden. Die Bierflaschen sind auch so eine Eigenart des Eidgenössischen, wie die Messer im Stadion, mit denen Besucher ihren Landjäger oder ihr Salsiz schneiden. An welchem Grossanlass gibt es das sonst?
Wie stark ist die Planung schon angerollt?
Wir sind aktuell daran, ein Team zusammenzustellen. Das werden wohl 10 bis 12 Personen sein für unseren Bereich. Die Arbeiten rollen dann 2023 an und 2024 geht es richtig los. Das OK insgesamt wird sich von heute 60 auf gegen 200 Personen vergrössern. Kommunikativ legt das ESAF 2025 insgesamt im Herbst richtig los. Ein ungeschriebenes Gesetz besagt, dass man damit abwartet, bis das aktuelle Eidgenössische vorbei ist.
Werden Sie im August beim diesjährigen Esaf in Pratteln dabei sein?
Ja, wir sind eingeladen. Ich freue mich darauf, das Feeling vor Ort zu erleben und in die Dimensionen des Eidgenössischen einzutauchen und auch hinter die Kulissen zu blicken.
Für die vollen drei Tage?
Ja, wir haben einen Platz bekommen für ein Zelt oder einen Camper.
Und, wird es eher Glamping (Glamour-Camping) oder Wurfzelt?
(lacht) Ich war früher in der Pfadi. Als Pfader war ich es mir gewohnt, zu zelten. Mal schauen, wie wir es 2022 machen. Mein Geschäftspartner ist im Baselgebiet aufgewachsen. Vielleicht hat auch er noch ein Schlafplätzchen.
Beim Seenachtfest in Rapperswil bleiben Sie trotz ESAF als OK-Präsident engagiert?
Ja. Wir holen dieses Jahr das verschobene Fest von 2022 nach. Für 2023 ist bekanntlich dann wieder ein Stadtfest mit Sperrung der Neuen Jonastrasse geplant. 2024 folgt das 100-Jahr-Jubiläums-Seenachtfest und 2025 dann das ESAF. Es gibt also jedes Jahr für mich eine grosse Kiste. Ich freue mich drauf.